Zwei wichtige neue Betriebsvereinbarungen.

Dieser Beitrag wurde am von in
Arbeitsrecht, Artikel, BR-Info veröffentlicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen.  Die 2. Jahreshälfte bringt einige Neuerungen.

Zwei Betriebsvereinbarungen wurden im letzten VAV abgeschlossen und sind mit 3.7.2013 in Kraft getreten.
1.) Betriebsvereinbarung über die Gründung einer betrieblichen Schlichtungskommission (Fair Play Team). Ein Novum stellt die betriebliche Schlichtungskommission dar: Eine Einrichtung mit 3 DirektoInnen und 3 ZBR-VertreterInnen, denen zwar kein Weisungsrecht zukommt, die jedoch Empfehlungen aussprechen soll. Diese Einrichtung sollte erst dann angerufen werden, wenn „auf kurzem Wege“ keine Einigung gefunden wurde.

2.) Beitriebsvereinbarung über Mobbing, sexuelle Belästigung und Diskriminierung.

Noch gibt es keine Veröffentlichung im Intranet, aber das soll in Kürze erfolgen.

Folge diesem Link zur Letztversionen vor der Unterschriftsleistung.
Des Weiteren sind ab 1.7.2013 gesetzliche Neuregelungen in Kraft getreten: Bildungsteilzeit  (§ 11 Avrag & Pflegekarenz nach § 14 c (AVRAG)

Die neue Bildungsteilzeit nach § 11a des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993

Ab 1.7.2013 ist es möglich, eine Bildungsteilzeit in Anspruch zu nehmen. Die Bildungsteilzeit soll die Weiterbildung während einer aufrechten Beschäftigung ermöglichen.

Voraussetzungen für die Vereinbarung der Bildungsteilzeit

1. Das Arbeitsverhältnis muss bereits ununterbrochen sechs Monate gedauert haben. Das aus dem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt muss in dieser Zeit sowie während der Bildungsteilzeit über der Geringfügigkeitsgrenze liegen. Geringfügig Beschäftigte sind daher von der Bildungsteilzeit ausgeschlossen.
2. Die Vereinbarung muss schriftlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgen. Diese hat neben Beginn und Dauer der Bildungsteilzeit auch das Ausmaß und die Lage der Arbeitszeit zu beinhalten.
3. Die Dauer der Bildungsteilzeit darf vier Monate nicht unter- und zwei Jahre nicht überschreiten. Die Bildungsteilzeit kann innerhalb dieser Rahmenfrist von vier Jahren auch in einzelnen Teilen vereinbart werden. Eine neuerliche Bildungsteilzeit kann frühestens nach Ablauf von vier Jahren ab dem Antritt der letzten Bildungsteilzeit oder des ersten Teiles der Bildungsteilzeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden.

Beispiel: Neuerlicher Anspruch auf Bildungsteilzeit

Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird eine Bildungsteilzeit vereinbart. Zweck der Bildungsteilzeit ist die Absolvierung einer Ausbildung in zwei Teilen zu je vier Monaten.

  • Teil 1: März 2013 bis Juni 2013 (= vier Monate)
  • Teil 2: März 2014 bis Juni 2014 (= vier Monate)

Die Dauer der Bildungsteilzeit beträgt insgesamt acht Monate. Eine neuerliche Bildungsteilzeit kann daher frühestens nach Ablauf von vier Jahren ab dem Antritt des ersten Teiles der Bildungsteilzeit (= März 2017) zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden.

4. Die Arbeitszeit muss um mindestens ein Viertel (25 %) und darf höchstens um die Hälfte (50 %) der bisherigen Normalarbeitszeit reduziert werden. Die wöchentliche Arbeitszeit während der Bildungsteilzeit darf zehn Stunden nicht unterschreiten. Auch Teilzeitbeschäftigte können die Bildungsteilzeit in Anspruch nehmen, jedoch darf auch hier die wöchentliche Mindestarbeitszeit von zehn Stunden nicht unterschritten werden.
5. Das Ausmaß der Bildungsmaßnahme muss mindestens zehn Wochenstunden betragen. Umfasst die Weiterbildungsmaßnahme nur eine geringere Wochenstundenanzahl, so ist nachzuweisen, dass zur Erreichung des Ausbildungszieles zusätzliche Lern- und Übungszeiten in einem Ausmaß erforderlich sind, dass insgesamt eine vergleichbare zeitliche Belastung besteht.Studierende, die Bildungsteilzeitgeld beziehen müssen nach jedem Semester einen Nachweis über die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von zwei Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 4 ECTS-Punkten oder einen anderen geeigneten Erfolgsnachweis (zB Ablegung der Diplomprüfung oder des Rigorosums) erbringen.
6. Bei Betrieben bis zu 50 ArbeitnehmerInnen können maximal vier Arbeitnehmer gleichzeitig in Bildungsteilzeit sein. Bei Betrieben mit mehr als 50 ArbeitnehmerInnen dürfen sich nicht mehr als acht Prozent der Belegschaft in Bildungsteilzeit befinden. Durch mehrheitlichen Beschluss des AMS Regionalbeirates kann auch bei Überschreitung des Schwellenwertes Bildungsteilzeit vereinbart werden.

Wechsel Bildungsteilzeit – Bildungskarenz

Ein einmaliger Wechsel von Bildungsteilzeit zu Bildungskarenz (und umgekehrt) ist möglich. Wurde in der Vereinbarung die höchstzulässige Dauer der Bildungsteilzeit von zwei Jahren nicht ausgeschöpft, kann anstelle von Bildungsteilzeit für die weitere Dauer der Rahmenfrist Bildungskarenz höchstens im halben Ausmaß des nichtausgeschöpften Teils vereinbart werden. Die Mindestdauer der Bildungskarenz muss zwei Monate betragen. Der „Umrechnungsschlüssel“ zwischen Bildungskarenz und Bildungsteilzeit wird im Verhältnis 1:2 festgelegt.

Antrag auf Bildungsteilzeitgeld

Das Bildungsteilzeitgeld soll die Weiterbildung während einer aufrechten Beschäftigung ermöglichen. Wesentlich ist, dass der vom AMS zu erstellende Bescheid über die Gewährung von Bildungsteilzeitgeld rechtzeitig vor dem vereinbarten Beginn der Bildungsteilzeit beantragt wird. Die Beantragung des Bildungsteilzeitgeldes sollte mindestens vier Wochen davor erfolgen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber steht die Möglichkeit offen, die Bildungsteilzeit unter der auflösenden Bedingung der bescheidmäßigen Nichtzuerkennung von Bildungsteilzeitgeld zu vereinbaren.

Mit dem Antrag auf Bildungsteilzeitgeld ist zwingend eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers vorzulegen, die folgende Angaben zu enthalten hat:

  • Anzahl der im Betrieb arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des letzten vor der Antragstellung liegenden Monatsersten,
  • Anzahl der im Betrieb arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer, mit denen eine Bildungsteilzeitvereinbarung abgeschlossen wurde, deren Laufzeit zum Zeitpunkt des Beginns der dem Antrag auf Bildungsteilzeitgeld zu Grunde liegenden Bildungsteilzeitvereinbarung bereits begonnen hat oder beginnen wird,
  • Ausmaß der jeweiligen wöchentlichen Normalarbeitszeit in den letzten sechs (drei) Monaten vor Herabsetzung der Normalarbeitszeit,
  • Ausmaß der jeweiligen wöchentlichen Normalarbeitszeit ab Beginn der Bildungsteilzeit.

Das Bildungsteilzeitgeld beträgt für jede volle Arbeitsstunde, um die die wöchentliche Normalarbeitszeit verringert wird, EUR 0,76 täglich. Bruchteile einer Arbeitsstunde werden nicht abgegolten.

Beendigung des Dienstverhältnisses

Wie bei der Bildungskarenz besteht auch für die Bildungsteilzeit sowohl ein Schutz der bisher erworbenen Altabfertigungsanwartschaft als auch der Motivkündigungsschutz gem § 15 AVRAG.

Bei Lösung des Dienstverhältnisses während der Bildungsteilzeit endet der Anspruch auf Bildungsteilzeitgeld mit Ende des Dienstverhältnisses. Wenn das Dienstverhältnis durch den Arbeitgeber gelöst wurde und die Voraussetzungen für den Bezug von Weiterbildungsgeld mit Ausnahme der Bildungskarenz vorliegen, kann nach Abzug (Anrechnung gem § 26 Abs 1 Z 3 AlVG) der bereits in Anspruch genommenen Bezugszeiten für die noch nicht verbrauchte Bezugsdauer Weiterbildungsgeld beansprucht werden. In diesem Fall ist so rasch wie möglich, spätestens innerhalb von drei Monaten, das Ausmaß der Bildungsmaßnahme(n) auf das für den Anspruch auf Weiterbildungsgeld geltende Mindestausmaß anzuheben. Erfolgt die Weiterbildung in Form eines Studiums ist spätestens für das nächste Semester der für den Anspruch auf Weiterbildungsgeld geltende Erfolgsnachweis zu erbringen.

BV-Beiträge

Unterliegt das Arbeitsverhältnis dem betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz so ist als Bemessungsgrundlage für die monatlichen BV-Beiträge das vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit geleistete monatliche Entgelt heranzuziehen.

 

Die neue Pflegekarenz nach § 14c AVRAG und Pflegeteilzeit nach § 14d AVRAG

Zur besseren Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Verpflichtungen werden ab 1.1.2014 die Pflegekarenz und Pflegeteilzeit eingeführt. Die Inanspruchnahme ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

Allgemeine Voraussetzungen

Voraussetzungen für die Vereinbarung einer Pflegekarenz oder einer Pflegeteilzeit sind:

  • Arbeitsverhältnis muss ununterbrochen drei Monate gedauert haben,
  • Schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer,
  • Pflege und/oder Betreuung von nahen Angehörigen, denen zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz Pflegegeld ab der Pflegestufe 3 nach § 5 BPGG mit Bescheid zuerkannt wurde
  • Bei Pflege und/oder Betreuung von nachweislich demenziell erkrankten oder minderjährigen nahen Angehörigen genügt die Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 1.
  • Die Pflegekarenz kann nicht für Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG, einer Elternkarenz oder eines Präsenz- bzw Zivildienstes vereinbart werden.
  • Dauer: Mindestens ein Monat, maximal drei Monate

Angehörige

Angehörige sind:

  • Ehegatten und deren Kinder,
  • Eltern, Adoptiv- und Pflegeeltern,
  • Großeltern,
  • Kinder, Enkelkinder, Stiefkinder, Adoptiv- und Pflegekinder,
  • Lebensgefährten und deren Kinder,
  • eingetragene Partner und dessen Kinder
  • Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder.

Mehrmalige Pflegekarenz und -teilzeit

Grundsätzlich kann Pflegekarenz und -teilzeit im Arbeitsverhältnis für ein und dieselbe zu pflegende/betreuende Person nur einmal vereinbart werden. Nur im Fall einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der zu pflegenden/betreuenden Person ist einmalig eine neuerliche Vereinbarung zulässig. Die Vereinbarung erfordert die Erhöhung des Pflegegeldes um mindestens eine Stufe, die spätestens zum Antritt der neuerlichen Pflegekarenz bzw -teilzeit durch Bescheid zuerkannt sein muss.

Für eine zu pflegende/betreuende Person können auch mehrere Arbeitnehmer jeweils eine Pflegkarenz bzw -teilzeit vereinbaren. So können zB zwei Geschwister für denselben Elternteil für unterschiedliche Zeiträume jeweils eine Pflegekarenz bzw -teilzeit in der Dauer von drei Monaten, also insgesamt für sechs Monate, vereinbaren und die im BPGG festgelegte Höchstdauer des Bezugs von Pflegekarenzgeld (= 6 Monate) ausschöpfen.

Schriftliche Vereinbarung

Die schriftliche Vereinbarung muss folgende Punkte enthalten:

  • Beginn und Dauer (bei Pflegekarenz und Pflegeteilzeit)
  • Ausmaß und Lage der Teilzeitbeschäftigung (nur bei Pflegeteilzeit)

Bei der Pflegeteilzeit darf die herabgesetzte wöchentliche Normalarbeitszeit nicht unter zehn Stunden liegen.

Bei der Vereinbarung über die Pflegekarenz ist auf die Interessen des Arbeitnehmers und auf die Erfordernisse des Betriebes Rücksicht zu nehmen. In Betrieben mit Betriebsrat, ist dieser auf Verlangen des Arbeitnehmers den Verhandlungen beizuziehen.

Vorzeitige Rückkehr aus Pflegekarenz bzw -teilzeit

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf vorzeitige Rückkehr zur ursprünglichen Normalarbeitszeit frühestens zwei Wochen nach

  • Aufnahme des Angehörigen in stationäre Pflege oder Betreuung in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen,
  • nicht nur vorübergehenden Übernahme der Pflege oder Betreuung durch eine andere
  • Betreuungsperson sowie
  • Tod des Angehörigen

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Eine Kündigung, die wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegekarenz bzw Pflegeteilzeit erfolgt, kann vom Arbeitnehmer bei Gericht angefochten werden (Motivkündigungsschutz) . Verzichtet der Arbeitnehmer auf die Anfechtung, steht ihm bis zum Ende der Kündigungsfrist eine Kündigungsentschädigung unter Zugrundelegung des Entgelts der ursprünglichen Normalarbeitszeit zu.

Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Pflegekarenz soll sich die Pflegekarenz nicht mindernd auf die Berechnung der Ansprüche für die Abfertigung alt und die Abfertigung nach dem BUAG sowie der Urlaubsersatzleistung auswirken (Berechnungsgrundlage ist das für den letzten Monat vor Antritt der Pflegekarenz bzw -teilzeit gebührende Entgelt).

Besonderheiten Pflegekarenz

Zeiten der Pflegekarenz bei Rechtsansprüchen, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten (zB Kündigungsfrist), bleiben außer Betracht. Auch kommt es zu einer Aliquotierung sonstiger Bezüge (zB Sonderzahlungen) und des nicht verbrauchten Urlaubs.

Besonderheiten Pflegeteilzeit

Bei der Pflegeteilzeit gebühren dem Arbeitnehmer die sonstigen Bezüge (zB Sonderzahlungen) in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß im Kalenderjahr. Einer eigenen Regelung betreffend den Urlaubsanspruch bedarf es nicht, weil sich das bei einer Teilzeitbeschäftigung zustehende Urlaubsausmaß schon nach den allgemeinen urlaubsrechtlichen Bestimmungen ergibt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert