Ende der rot schwarzen Hegemonie

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Sozialversicherungsreform: Faktencheck eines Megaprojekts

Die türkis-blaue Bundesregierung hat sich im Bereich des Sozialversicherungswesens ein engagiertes Reformprojekt verordnet. Mehr als 5o Jahre nach Beschlussfassung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) soll nicht nur eine Neukodifikation des gesamten österreichischen Sozialversicherungsrechts erfolgen, sondern auch die Sozialversicherungsträgerzusammengelegt werden. Ziel ist es, “leistungsfähige, moderne und bürgernahe Sozialversicherungen” in ihrer Dienstleistungsfunktion gegenüber den Versicherten zu garantieren. Beitrags-und Leistungsharmonisierung nach dem Stand eines politisch festzulegenden Versorgungsauftrags werden hier zu einem zentralen Eckpunkt. Dabei ist es funktional und organisatorisch oberstes Ziel, Mehrfachversicherungen generell abzuschaffen und die Struktur der derzeit bestehenden 22 Sozialversicherungsträger inklusive Doppel-und Mehrgleisigkeiten zu beseitigen. Verwaltungsökonomisch könnten hier erhebliche Einsparungs-und Optimierungs- potentiale erhoben werden. Im Rahmen der Regierungsverhandlungen könnte allein eine Verwaltungsharmonisierung, wie bei Beschaffungs-und EDV-Systemen bereits im ersten Jahr r6o Millionen Euro heben -Tendenz über die Jahre progressiv steigend.

Festgelegt ist in einem ersten Schritt zwischen ÖVP und FPÖ einmal eine nachhaltige Reduktion der Sozialversicherungsträger auf maximal fünf Träger. Die derzeit ausufernde Funktionärsherrschaft in den einzelnen Sozialver- sicherungen – eine Spielwiese der vier mächtigen Gruppen Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschaf ter, ÖAAB, Wirtschaftsbund und Bauernbund -soll auf eine partizipative Selbstverwaltung reduziert werden. Das heißt nichts anderes, als dass die Bestimmung der Sozialpartner vom Kopf auf die Füße gestellt werden soll und am Ende nur noch eine Mitbestimmung sein soll. Egoistische parteipolitische Interessen und ständestaatliche Folklore der Zwangskämmerer von Rot und Schwarz sollten dann endgültig der Vergangenheit angehören. Damit wird auch die Ära des jahrzehntelangen Regimes von Spitzen-Zwangskämmerer wie Rudolf Kaske (AK) und Christoph Leitl (WKO) im Sozialversicherungssystem radikal beendet.

Die speziellen Anforderungen der unterschiedlichen Berufsgruppen in den einzelnen Versicherungssparten bleiben hier natürlich in vollem Umfang gewahrt . Sachpolitische Expertise bleibt im Sozialversicherungswesen aus der Versichertengemeinschältem damit hoch geschätzt, aber im Sinne einer Gewaltenteilung soll Personal-, Budget-und Organisation in tatsächlich professionelle Managementstrukturen überführt werden. Dazu kommt eine Wahrung der länderspezifischen Versorgungsinteressen. Hier geht es um eine gewisse länderspezifische Budgetautonomie und um das Rücklagenmanagement in den jeweiligen Bundesländern.

Auch hier geht es um die Überwindung eines bisher durch

Die ständestaatliche Folklore der Kämmerer von Rot und Schwarz soll ein Ende haben. Rot und Schwarz über viele Jahrzehnte gepflogenen Hegemonialanspruchs, vor allem im Gesundheitswesen, wo einzelne Bundesländerdavonausgegangen sind, dass auch massivste Fehlentscheidungen in Struktur-und Managemententscheidungen – Stichwort Wien und Krankenhaus Nord -durch die Sozialversicherungsträger und damit die Versichertengemeinschaft über Quersubventionierungen einfach ohne Wenn und Aber ausgeglichen werden sollen. Als erste Etappenziele soll es zu einer Zusammenführung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Bauern zu einer SV fürselbständig Erwerbstätige kommen. Parallel dazu soll die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt inklusive ihrer Sonderkrankenanstalten reformiert werden. Zielsetzung ist die Hebung eines Einsparungspotentials von 500 Millionen Euro. Sollte dies nicht zu Stande kommen, dann könnte es hier in einem weiteren Schritt zu einer Zusammenführung der AUVA-Agenden mit jenen einer neuen Österreichischen Krankenkasse (ÖKK) kommen, die die bisherige Gebietskrankenkassenstruktur österreichweit ablösen soll. Auch im Bereich der öffentlichen Bediensteten und ihrer Versicherungsanstalten, das heißt Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten (BVA) und der Eisenbahner und des Bergbaus (VAEB) gibt es nachhaltigen Reformbedarf. Dazu kommen die Krankenfürsorgeanstalten der Länder und Gemeinden in einzelnen Bundesländern (KFAs), wobei es hier nur durch eine Verfassungsmehrheit bzw. eine proaktive Zusammenarbeit aller betroffenen Gebietskörperschaften eine realpolitische Chance auf eine Reform geben kann. Entscheidend wird sein, wie stark sich vor allem der türkise Koalitionspartner von seiner Von der “Westachse” der ÖVP kommt massiver Widerstand gegen die Reform. Mutterpartei ÖVP in diesen Zukunftsfragen bei der Umsetzung emanzipieren kann, oder ob wieder die alte Volkspartei und der Wohlfahrtsausschuss des Kammern-und Verbändestaates bei diesem zentralen sozial-und gesundheitspolitischen Reformprojekt die Oberhand behält. Interessanterweise kommt vor allem aus der sogenannten “Westachse” der ÖVP massiver Widerstand gegen die Reform des Sozialversicherungswesens. Dieser Widerstand ist nur auf den ersten Blick politisch schwer zu deuten. Realisiert man, class in den Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg jeweils schwarz-grüne Regierungsbündnisse in den Landhäusern sitzen, dann bekommen die Widerstandsnester schon einen ganz anderen Hintergrund. Die Landeshauptmänner Markus Wallner, Günther Platter und Wilfried Haslauer sind deklarierte Gegner der neuen Regierungszusammenarbeit von ÖVP und FPÖ auf Bundesebene. Sie fühlen sich in ihrem linkskatholisch-grünen Regierungskurs auf Länderebene durch die neue Bundesregierung massiv gestört. Deshalb lehnen sie auch jedes Projekt, das die alten Strukturen aufbricht, kategorisch ab. Dazu kommt, dass in den Bundesländern Vorarlberg und Tirol der ÖAAB als Mehrheitsfraktion in der jeweiligen Arbeiterkammer auch die Gebietskrankenkassenstruktur mit zu seinem Machtbereich zählt. Hier Reformen zu setzen, würde eine Beschneidung der regional aufgebauten Machtstruktur nach sich ziehen, und das fürchtet die “alte ÖVP” wie der Teufel das Weihwass

Zur Zeit, 09.02.2018 (S. 12-13)er.

 

 

 

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