Droht eine AUVA-Zerschlagung?

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Sollte es der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt nicht gelingen, ihre Beiträge massiv zu senken, will die Regierung deren Leistungen “überführen”.

  1. Clinicum, 15.02.2018 (S. 8)

Droht eine AUVA-Zerschlagung?

Sollte es der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt nicht gelingen, ihre Beiträge massiv zu senken, will die Regierung deren Leistungen “überführen”.

Schlechte Nachrichten für die AUVA: Wenn es der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt nicht gelingt, den Unfallversicherungsbeitrag auf 0,8 Prozent zu senken, dann droht ihr die Zerschlagung. Im Regierungsprogramm werden Reformen gefordert, die eine Lohnnebenkostensenkung im Ausmaß von 500 Millionen Euro bringen sollen. “Der erste finanzielle Erfolg muss bis Ende 2018 nachweisbar sein. Sollte dieses Ziel nicht erreicht werden, so sind gesetzliche Maßnahmen zu setzen, um die Leistungen der AUVA in die Krankenbzw. Pensionsversicherung überzuführen”, heißt es im Regierungsprogramm der ÖVP/FPÖ-Koalition.

Spitzenniveau

Als dieses Vorhaben noch vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen durchsickerte, zeigte sich der Beirat der AUVA in einem offenen Brief entsetzt: Eine Zerschlagung der AUVA werde zu einer massiven Verschlechterung der Akutversorgung und Rehabilitation von Unfallopfern in Österreich führen. Weiters würde es zu einer Verschlechterung der Präventionsleistungen für Betriebe und Arbeitnehmer führen sowie zu steigenden Unfallzahlen mit entsprechenden monetären und humanitären Kosten.

Die AUVA betreibe mit großem Erfolg die Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Zusätzlich biete sie kostenlos die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung für Klein-und Mittelbetriebe an, heißt es in dem Brief: “Die AUVA betreibt in sieben Unfallkrankenhäusern Unfallheilbehandlung auf internationalem Spitzenniveau. Die Überlebensrate von Schwer-und Schwerstverletzten liegt in AUVA-Häusern im höchsten Segment aller auch international vergleichbaren Einrichtungen.” Überdies sichere die AUVA den Betriebsfrieden, weil aufgrund des sogenannten Haftungsprivilegs Leistungen aus der Unfallversicherung unabhängig von der Verschuldensfrage ausbezahlt werden. Das schließe arbeits-und sozialrechtliche Auseinandersetzungen zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern nach Unfällen aus.

Erfolgreiche Prävention

“Ich verstehe nicht, warum eine so erfolgreiche Institution wie die AUVA infrage gestellt wird”, wundert sich Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Die Auflösung der AUVA und damit einhergehend eine mögliche Reduktion der Mittel für die AUVA-Anstalten stelle eine Gefahr für das hohe Niveau dieser Unfallkrankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen dar. Szekeres hebt auch die Aktivitäten der AUVA in Sachen Vermeidung von Arbeitsunfällen hervor: “Was Prävention anbelangt, hinkt Österreich international hinterher – ausgenommen bei der Unfallvermeidung.” Dies sei das Verdienst der AUVA, erklärte der Ärztekammerpräsident im Rahmen einer Enquete, die eigentlich die Etablierung von Traumnetzwerken in Österreich zum Gegenstand hatte, aktuell bedingt aber ganz im Schatten der drohenden Auflösung der AUVA stand.

Auch Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer des Unfallkrankenhauses Berlin, reagiert mit Unverständnis. Das von ihm geleitete Spital in der deutschen Hauptstadt gehört zu einer mit der AUVA vergleichbaren Einrichtung: den gewerblichen Berufsgenossenschaften (BG), die neun auf Unfallmedizin spezialisierte Akutkliniken unterhalten. Auch in seinem Land werde immer wieder die Frage gestellt, warum es diese neun Krankenhäuser brauche. “Diese Frage ist erlaubt”, sagt Ekkernkamp: “Aber wenn man ein Erfolgsmodell kippen will, dann muss man das sehr gut durchdenken.” Bislang jedenfalls werde der Erhalt einer gesetzlichen Unfallversicherung mit eigenen Krankenhäusern in Deutschland als ein “guter Weg” betrachtet.

Unternehmer abgesichert

Nachdem der erste Schreck überwunden war, wandte sich AUVA-Obmann DDr. Anton Ofner, MSc im Jänner in einem offenen Brief an Österreichs Unternehmer, also eine tendenziell ÖVP-und damit regierungsnahe Klientel. Darin ruft er deren Absicherung durch das Haftungsprivileg in Erinnerung: “Das System der AUVA garantiert, dass eine Haftung von Unternehmern ausgeschlossen ist.” Das verhindere potenziell existenzbedrohende Schadenersatzforderungen. “Diese Forderungen können schnell einmal mehrere 100.000 Euro betragen”, betont Ofner. Zum anderen verweist er auf die großen Erfolge der AUVA in Sachen Prävention: Dank der AUVA sei die Zahl der Arbeitsunfälle in Österreich seit 1990 um die Hälfte gesunken. “Das schafft nicht nur Sicherheit für Arbeitnehmer, es senkt auch die Kosten für Unternehmen”, betont Ofner. Zudem zeigt sich der Obmann zuversichtlich, dass die AUVA die von der Regierung verlangten Kostensenkungen erreichen kann: Die Beitragssatzsenkung sei dann möglich, wenn die versicherungsfremden Leistungen und Querfinanzierungen entsprechend überprüft und eingestellt würden. “Wenn die AUVA diese Kosten nicht mehr tragen muss, kann der Ausfall der 500 Millionen Euro nahezu ausgeglichen werden und die AUVA ihre Kernaufgaben trotz Beitragssatzsenkung weiterhin vollständig und in höchster Qualität erfüllen”, ist Ofner überzeugt.

“Ich verstehe nicht, warum eine so erfolgreiche Institution infrage gestellt wird.”

Dr. Thomas Szekeres, ÖÄK-Präsident

“Versicherungsfremde Leistungen und Querfinanzierungen überprüfen und einstellen.”

DDr. Anton Ofner, AUVA-Obmann

 

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