Kompetenz: ÖVP-Pflegekonzept macht keinen Sinn

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  1. Juni 201926. Juni 2019 David Mum

Die ÖVP möchte der AUVA die Zuständigkeit für die Pflege übertragen. Damit würde die Pflege künftig im Rahmen der Sozialversicherung über Beiträge finanziert werden. Das löst bei fast allen anderen Akteuren Unverständnis aus.

Nicht zuletzt deswegen, weil das Regierungsprogramm der Regierung Kurz ein „klares Bekenntnis zur Steuerfinanzierung aus einer Hand“ beinhaltet hat.

Die GPA–djp tritt für eine Steuerfinanzierung, u.a. durch die Erbschaftssteuer ein. Der Pflegebedarf tritt meist nicht wegen Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ein. Daher macht eine Zuständigkeit der AUVA für die Pflege keinen Sinn. Dass eine Unfallversicherung für Pflege zuständig ist, ist nicht nachvollziehbar und gibt es auch nirgends.

Das Know-how der AUVA ist auf die Arbeitswelt ausgerichtet: die Prävention von Arbeitsunfällen und definierten Berufskrankheiten sowie die Heilbehandlung und Rehabilitation von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Immer ist das Kausalprinzip zu beachten: die AUVA ist zuständig wenn ein Unfall oder eine Krankheit ursächlich durch die Arbeit verursacht ist. Daher erfolgt die Finanzierung auch (nur) durch Arbeitgeberbeiträge. Das hat mit allgemeiner altersbedingter Pflegebedürftigkeit nichts zu tun. Dafür sind auch Unfallspitäler nicht geeignet, die für die akute Traumaversorgung nach Unfällen ausgerichtet sind.

Auch beim Pflegegipfel der Regierung Kurz am 31.1.2019 haben fast alle ExpertInnen die Pflegeversicherung abgelehnt.

Die AUVA hat gar nicht die Mittel dazu!

Der Pflegebedarf wächst weit stärker als es mit Unfallversicherungsbeiträgen machbar wäre! Die Regierung Kurz hat gerade erst die Unfallversicherungsbeiträge gesenkt (von 1,3 auf 1,2 Prozent) – es gibt in der AUVA also gar keine Überschüsse, die verteilt werden könnten, sondern 2019 einen Verlust von voraussichtlich 50 Millionen Euro.

Ein Vergleich der Budgets zeigt, dass das nicht funktionieren kann.

Budget.

  • Die AUVA hat insgesamt 1,45 Milliarden Euro zur Verfügung (2018), 2019 wurde der Beitrag gesenkt. Daher erwartet die AUVA 2019 einen Bilanzverlust!
  • Die öffentlichen Pflegeausgaben betragen über 5 Milliarden  EUR (3 Milliarden Bund, 2 Milliarden Länder und Gemeinden)
  • Die Idee, dass durch zurückgehende Arbeitsunfälle Mittel frei werden, ist falsch. Denn diese Mittel wurden in den letzten Jahren durch zwei Beitragssenkungen für die Arbeitgeber bereits verteilt. Außerdem hat die AUVA Nachholbedarf bei der Prävention von Berufskrankheiten (z.B. arbeitsbedingter Krebs und Hautprävention und Rehabilitation bei Berufsdermatosen).
  • Dass die AUVA der neue Pflegeträger wird und das Pflegegeld ausbezahlt, ist auch deswegen eine seltsame Idee, weil erst 2011 das Pflegegeld bei der Pensionsversicherungsanstalt zentral angesiedelt wurde und diese seither das entsprechende Know-how und die Ressourcen aufgebaut hat.
  • In der AUVA dominieren Arbeitgebervertreter die Entscheidungsgremien. Ist das bei einer arbeitgeberfinanzierten Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten noch erklärbar, so fehlt dafür bei der Pflege jede sachliche Rechtfertigung.Die öffentlichen Gesamtkosten für Pflegegeld, Pflege- und Betreuungsdienste werden massiv zunehmen. Die Ausgaben der Länder und Gemeinden werden österreichweit inflationsbereinigt bis zum Jahr 2050 um 360 Prozent steigen. Lagen sie im Jahr 2015 bei knapp zwei Milliarden Euro, werden es im Jahr 2050 rund neun Milliarden Euro sein. Das geht sich im Rahmen des AUVA Budgets bei gleichzeitigem Versprechen keiner Beitragssatzerhöhung nie und nimmer aus. Übrig bleibt daher sowieso eine überwältigende Steuerfinanzierung, weshalb eine Anbindung an die AUVA keinen Sinn ergibt.Die weitere Förderung für 24-Stundenbetreuung, die Kurz will, ist kein nachhaltiges Konzept. Diese beruht auf geringer Bezahlung und Scheinselbständigkeit von Menschen, die überwiegend aus Osteuropa kommen. Wir benötigen hingegen den Ausbau der mobilen Pflege bei fairen Arbeitsbedingungen und eine verlässliche Finanzierung. Hier besteht enormer Personalbedarf, den man nur bei entsprechenden Arbeitsbedingungen und Bezahlung decken wird können.Statt einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen setzt Kurz bzw. die ÖVP in ihrem Konzept auf „gezieltes Anwerben von Pflegefachkräften in europäischen Nachbarländern“ und eine Pflegelehre.Dem Pflegekonzept fehlt interessanterweise das Bekenntnis zu einer besseren Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen der in der Pflege Beschäftigten. Stattdessen wird nach wie vor auf Ehrenamt, Abwerben von Fachkräften aus dem Ausland und Betreuung durch Angehörige gesetzt. Eine verlässliche Basis von Pflege und Betreuung kann aber nicht darauf bauen, dass im Bedarfsfall Angehörige kurzfristig zur Verfügung stehen, die Nachbarschaftshilfe funktioniert oder wir uns auf ausgebildete Menschen aus dem Ausland verlassen. Eine sichere Pflege und Betreuung muss jetzt alles daran setzen, den Personalbedarf selbst decken zu können und die Finanzierung sicherstellen.Dauerhafter Pflegefonds nötig Die GPA-djp fordert
  • Wir benötigen einen steuerfinanzierten dauerhaften Pflegefonds, der u.a. mit einer Erbschaftssteuer finanziert wird. Der derzeitige Pflegefonds ist noch bis 2021 ausfinanziert. Die Zeit drängt. Die letzte Regierung hat einen Gipfel zum Thema gemacht aber keine Entscheidungen getroffen.
  • Das WIFO erwartet, dass bis 2030 um 24.000 mehr Betreuungs- und Pflegepersonal benötigt wird als 2016 (plus 39 Prozent oder 18.000 Vollzeitäquivalente) und bis 2050 sogar um rund 80.000 mehr ( plus 127 Prozent oder 58.000 Vollzeitäquivalente). Das alles ist nicht aus der AUVA finanzierbar.
  • Eine Pflegelehre ist der falsche Ansatz, denn das würde darauf hinauslaufen, das Einstiegsalters für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe abzusenken. Pflegebedürftige sollen aber von erwachsenen bereits gut ausgebildeten Personen gepflegt und betreut werden. Jugendliche sollen nicht psychisch und körperlich an oder über ihre Grenzen gebracht werden.
  • Die ÖVP Forderung, dass die pflegende Person im Rahmen der 24 Stunden Betreuung gleichzeitig mehrere PatientInnen betreuen sollen, ist sowohl für die betreuende Person als auch für die zu Pflegenden höchst problematisch.
  • Personalbedarf steigt, faire Bezahlung und Arbeitsbedingungen nötig
  • Seriöses Finanzierungskonzept nötig
  • einen steuerfinanzierten bundeseinheitlichen Pflege- und Betreuungsfonds im Dauerrecht sowie bundesweit einheitliche Angebot- und Verwendungsstandards
  • flächendeckender Ausbau der mobilen Dienste, Pflegeheime, Tageszentren, alternativen Wohnformen, Hospize und Palliativeinrichtungen
  • Anhebung der Löhne/Gehälter in den Kollektivverträgen im Sozial- und Gesundheitsbereich
  •             Einführung eines bundesweit einheitlichen Personalschlüssels im Bereich der stationären Pflege sowie Schaffung eines Personalschlüssels für die mobile Pflege und Betreuung
  •             Höhere Anfordernisse an die Ausbildung von 24-Stunden-BetreuerInnen. Diese müssen zumindest über eine Heimhilfen- bzw. vergleichbare Ausbildung verfügen.
  • Reform der Förderung der 24-Stunden Betreuung dahingehend, dass zum einen nur die unselbständige Beschäftigung gefördert und zum anderen eine soziale Staffelung bei der Förderung eingeführt wird
  • Rechtsanspruch auf Urlaub für pflegende Angehörige

 

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